Fahrten zur SmaragdinselIrland in deutschen Reisebeschreibungen des 19. JahrhundertsHerausgegeben
von Andreas Oehlke Buchbesprechung |
»Kommt nach Irland, ihr Alle, die ihr ein gesundes Herz habt, das von den Schlägen des Geschickes wund wurde, kommt her, hier könnt ihr es pflegen und heilen ...« So schrieb im Jahre 1844 Jacob Venedey, einer der ersten Deutschen, die die beschwerliche Reise zur Insel am äußersten Rande Europas unternahmen.
Bei der heutigen Beliebtheit dieses Urlaubslandes ist kaum jemandem bewußt, daß Irland erst mit dem Ende des 18. Jahrhunderts als Reiseziel entdeckt wurde.
In dieser Sammlung sind Berichte von zehn Autoren zusammengestellt, deren Namen heute weitgehend vergessen sind. Sie umfassen den Zeitraum von etwa 40 Jahren um die Mitte des 19. Jahrhunderts, in denen nicht nur Irland von erheblichen politischen Unruhen geprägt war. Den Unabhängigkeitskampf der Iren verfolgten die deutschen Besucher daher mit besonderer Anteilnahme.
Gleichzeitig suchten sie nach der alten keltischen Kultur, die in vielfältiger Hinsicht weiterhin lebendig schien. Sie genossen daneben den »Reichtum« an malerischen Ruinen, der in zahlreichen früheren Kriegen und Auseinandersetzungen entstanden war und zum romantisch verklärten Bild der Insel wesentlich beitrug.
Die Texte dieses Buches
führen den Leser in einer Rundreise über die »Smaragdinsel«
und beschreiben das Land und seine Bewohner so vielseitig, daß sie das Klischee
von der realitätsentrückten, nebelverhangenen Insel im Atlantik relativieren.
Andreas Oehlke,
der Herausgeber dieser Sammlung, studierte in Münster Neuere Geschichte,
Kunstgeschichte und Volkskunde. Er verfaßte seine Dissertation über
das Thema Irland und die Iren in deutschen Reisebeschreibungen des 18. und 19.
Jahrhunderts.
Inhalt
Briefe aus Dublin (Moritz Hartmann)
Irische Skizzen
Ausüge in die Umgegend von Dublin (Jacob Venedey)
Killiney und die Grafschaft Wicklow (Arnold von Lasaulx)
Cork, Glengariff, Killarney
Aus dem Süden und Westen
Auf dem Shannon (Johann Georg Kohl)
Limerick (Julius Rodenberg)
Von Galway nach Westport (Theodor Granderath)
Von Connemara nach Clifden (Julius Rodenberg)
Von Sligo nach Westport (Adolf Helfferich)
Von Enniskillen nach Belfast
(Julius Rodenberg)
Nachwort
Deutsche Irlandromantik
und die Entdeckung Irlands als Reiseland im 18. und 19. Jahrhundert (von Andreas
Oehlke)
Theodor Granderath (1839-1902)
Jesuit und Kirchenhistoriker.
Nach Absolvierung des Gymnasiums in Neuß und einigen Semestern Theologie
in Tübingen trat Granderath 1860 in Münster i.W. in das Noviziat der
Gesellschaft Jesu ein. 1862-74 widmete er sich philosophischen, theologischen
und kanonistischen Studien in Maria-Laach und Dutton Hall (England), 1874-87
unterrichtete er dort verschiedene theologische Fächer. 1887 übernahm
er in Rom die Weiterführung der von G. Schneemann SJ begonnenen Collectio
Lacensis, in der die Akte und Dekrete der neueren Konzilien ediert
werden sollten. Seit 1893 arbeitete er in Rom an der Geschichte des Vaticanischen
Konzils. Seine angegriffene Gesundheit zwang ihn aber 1901, Rom zu verlassen
und nach Valkenburg zurückzukehren.
Moritz Hartmann (1821-1872)
Schriftsteller und Journalist
aus Böhmen. Nach einem Medizinstudium in Prag begab er sich auf Wanderschaft,
wobei er zuerst in Wien, später in Berlin, Leipzig und Paris als Hauslehrer
tätig war. 1848 nach Böhmen zurückgekehrt, wurde Hartmann vom Distrikt
Leitmaritz in den Frankfurter Reichstag gewählt. Er mußte danach aus
politischen Gründen ins Exil nach Paris gehen, wo er u.a. als Korrespondent
für die Kölnische Zeitung tätig war. Nach seiner Amnestierung
übernahm Hartmann 1867 in Stuttgart die Redaktion der Zeitschrift Freya
und wurde später Feuilletonchef der Neuen Freien Presse in Wien.
(Carl) Adolf Helfferich (1813-1894)
Privatgelehrter und Reiseschriftsteller.
Nach einem Studium in Tübingen und einer verbüßten Haftstrafe, die
ihm seine politischen Aktivitäten als begeisterter Burschenschaftler eingetragen
hatten, ging er nach 1833 als Lehrer zunächst nach Frankfurt, später
nach Paris, wo er seine schriftstellerische Tätigkeit begann. Seit 1842
war er Privatdozent und später außerordentlicher Professor für Philosophie
in Berlin. Nach einer größeren Erbschaft begab sich Helfferich auf ausgedehnte
Reisen, die ihn in nahezu alle Länder Europas führten. Neben seinen
philosophischen und kunstwissenschaftlichen Schriften haben insbesondere seine
Reisebeschreibungen Anerkennung gefunden: Skizzen aus und über Irland,
1858; Einige Früchte eines Winteraufenthaltes in Spanien, 1858
ff. Ein Gehörleiden und eine zunehmende geistige Verwirrung seit 1873 machten
schließlich eine Einweisung in eine Heilanstalt notwendig und beendeten
vorzeitig seine publizistische Tätigkeit.
Johann Georg Kohl (1808-1878)
Reiseschriftsteller und
Geograph. Als Sohn eines Bremer Weinhändlers hatte Kohl schon früh Kontakt
mit Seefahrern und Kaufleuten, die in ihm ein erstes Interesse an Reisen und
fernen Ländern weckten. Aus praktischen Gründen zum Juristen bestimmt,
nahm Kohl im Frühjahr 1828 sein Studium in Göttingen auf; er ging dann
1829 nach Heidelberg und München. Der Tod seines Vaters zwang ihn, im Jahre
1830 sein Studium aufzugeben. Er wurde daraufhin Hauslehrer und Erzieher in
Kurland, wo er u.a. für die Familie des Grafen von Mannteuffell
6 Jahre tätig war und bei Gelegenheit das Land in alle Richtungen durchstreifte.
Als literarische Frucht dieser Wanderjahre erschien seine Beschreibung: Die
deutsch-russischen Ostseeprovinzen oder Natur- und Völkerleben in Kur-,
Liv- und Estland, 1841. Es folgten Reisen nach St.Petersburg und in die
inneren und südlichen Provinzen des Russischen Reiches: Petersburg in
Bildern und Skizzen, 1841; Reisen in Südrußland, 1841;
Reisen im Innern Rußlands und Polens, 1841. Der Beifall, den diese
Bücher fanden, ermutigte ihn, sich ganz der Reiseschriftstellerei zu widmen.
In den folgenden Jahren bereiste Kohl nahezu alle Städte und Länder
Europas und Nordamerikas. Den Reisen selbst folgten in raschem Abstand seine
Reisebeschreibungen. 1854 ging er für vier Jahre in die Vereinigten Staaten,
wo er u.a. als Kartograph tätig war und einige Werke zur Geschichte und
Entdeckung Amerikas verfaßte. Nach seiner Rückkehr 1858 ließ sich
Kohl wieder in seiner Vaterstadt Bremen nieder, wurde im Jahre 1863 als Stadtbibliothekar
angestellt und veröffentlichte neben seiner Mitarbeit an zahlreichen Zeitungen
und Zeitschriften eine Reihe von kulturhistorischen Studien zur Bremer Geschichte.
Arnold von Lasaulx (1839-1886)
Geologe. Er studierte in
Bonn und Berlin Mineralogie und Geologie, wurde 1865 promoviert und habilitierte
sich 1868 in Bonn zum Privatdozenten. 1875 erhielt er den Ruf als a.o. Professor
für Mineralogie nach Breslau, 1880 wurde er ord. Professor für Mineralogie
und Geologie zuerst in Kiel und dann in Bonn. Dort blieb Lasaulx bis zu seinem
plötzlichen Tod 1886. Es erschienen von Lasaulx noch weitere Irland betreffende
Schriften: Petrographische Skizzen aus Irland, in: Tschernacks mineralogische
und petrographische Mitteilungen, NF I (1887), pp. 410-449; Irland und Sizilien
(Sammlung von Vorträgen, hrsg. v. W. Frommel und Fr. Pfaff - X.6/7). Heidelberg:
Winter 1883. Zu Lasaulxs Irlandreise gibt es den Bericht seines Reisegefährten
Ferdinand Römer (Geh. Bergrath und Professor an der Universität Breslau):
über eine mit Herrn Professor von Lasaulx zu geologischen Zwecken in
diesem Herbste ausgeführte Bereisung Irlands, in: 54. Jahresbericht
der Schlesischen Gesellschaft für vaterländische Cultur. Breslau: Aderholz
1877, pp. 37-42.
Julius Rodenberg (eigentl. Levy, 1831-1914)
Publizist und Schriftsteller.
Der Sohn eines jüdischen Kaufmannes aus Rodenberg in der Grafschaft Schaumburg
studierte nach ersten literarischen Arbeiten in Heidelberg, Göttingen, Berlin
und Marburg Rechtswissenschaften. Nach der Promotion begab er sich auf Reisen.
Zunächst fuhr er nach Paris, wo er für verschiedene Zeitungen von der
Pariser Industrie- und Kunstausstellung berichtete (zusammengefaßt in Pariser
Bilderbogen, 1856), im selben Jahr noch ging er für mehrere Monate
nach England, 1858 folgte eine zweite Reise nach England und im Anschluß
daran ein Besuch Irlands und Wales'. Seine Eindrücke veröffentlichte
er in zahlreichen Reisebeschreibungen, so Ein Herbst in Wales (1857),
Alltagsleben in London (1859), Die Insel der Heiligen (1860).
Nach Deutschland zurückgekehrt ließ Rodenberg sich als freier Schriftsteller
in Berlin nieder. Hier rief er die Monatsschrift Salon für Literatur,
Kunst und Gesellschaft ins Leben, die er bis 1874 leitete, um danach die
vielbeachtete Deutsche Rundschau zu gründen, die er bis zu seinem
Tod herausgab.
Jacob Venedey (1805-1871)
linksliberaler Publizist.
Von 1825-27 studierte Venedey in Bonn und Heidelberg Rechtswissenschaften, wurde
begeisterter Burschenschaftler und verließ vorzeitig die Universität,
um in die Anwaltspraxis des Vaters einzutreten. 1832 reiste er in die Pfalz,
wo er sich der süddeutschen liberalen Bewegung um den radikal-demokratischen
Publizisten Georg August Wirth anschloß, wurde Mitglied des Deutschen
Preß- und Vaterlandsvereins und nahm am Hambacher Fest teil. Danach
redigierte Venedey das liberale Oppositionsblatt Wächter am Rhein.
Anfang September 1832 wurde er verhaftet, konnte sich aber durch Flucht nach
Frankreich absetzen. Nach Aufenthalten in Straßburg und Nancy ging Venedey
nach Paris, schloß sich der Emigrantenorganisation Bund der Geächteten
an und gab ab Juli 1834 die Emigrantenzeitung Der Geächtete heraus.
Seinen Lebensunterhalt sicherte er durch journalistische Arbeiten, u.a. als
Korrespondent der Augsburger Allgemeinen Zeitung und der Kölnischen
Zeitung. Seine Korrespondententätigkeit führte ihn schließlich
auch nach England und Irland. Neben tagespolitischen Schriften entstanden zahlreiche
Reisebeschreibungen: Reise- und Rasttage in der Normandie (1838),
Irland (1844), England (1845), Das südliche Frankreich
(1846). Nach der Februarrevolution von 1848 kehrte Venedey nach Deutschland
zurück, wo er im linken Flügel des Frankfurter Parlaments eine aktive
Rolle spielte. Nach der Auflösung des Parlaments zog Venedey in die Schweiz,
wo er sich vorwiegend mit historischen Studien befaßte und schließlich
in Zürich als Dozent der Geschichte habilitierte. 1852 erschien seine vierbändige
Geschichte der Deutschen. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er,
1855 nach Deutschland zurückgekehrt, in Oberweiler im Schwarzwald.
Skizzen aus Irland oder Bilder aus Irlands Vergangenheit und Gegenwart. Von einem Wanderer (1837)
Stil und Machart der Skizzen lassen im Vergleich mit anderen Werken Charles Sealsfield als den Autor dieses Textes in Frage kommen, eine Vermutung, die durch dessen Beschäftigung mit anglo-irischer Literatur bestärkt wird. So findet sich in Sealsfields Cajütenbuch, oder Nationale Charakteristiken (1841) die Erzählung Der Fluch Kishogues oder der verschmähte Johannestrunk eine »wilde Skizze irländischen Lebens und Sterbens« aus dem Munde des Iren Phelim. Daß der Autor sich in den Skizzen als Katholik zu erkennen gibt und seine Reisezeit mit dem Jahr 1832 angibt, könnte ebenfalls auf Sealsfield hindeuten. Charles Sealsfield, mit richtigem Namen Karl Anton Postl (1793-1864), ging 1807 als Konventstudent des »Ordens der Kreuzherren mit dem roten Stern« nach Prag, trat dort in den Orden ein und empfing 1816 die Priesterweihe. Aus persönlichen Gründen aber verließ er 1822 Prag und übersiedelte nach Amerika. Hier wurde er bekannt durch seine eindrucksvollen Schilderungen »amerikanischen Volkslebens«, so in den Büchern Die Vereinigten Staaten von Nordamerika, nach ihren politischen, religiösen und gesellschaftlichen Verhältnissen betrachtet (1827); Tokeah or The White Rose (1828); Lebensbilder aus beiden Hemisphären (1835-1837); Das Cajütenbuch oder Nationale Charakteristiken (1841). 1831 verließ er die Vereinigten Staaten, um sich nun endgültig wieder in Europa niederzulassen. 1831-32 war er in London und Paris als Korrespondent für zahlreiche Zeitungen tätig.
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