Nakano Oguna

Zauber der Naturglasur

Ausstellungskatalog, Museum für Ostasiatische Kunst, Berlin

Mit einem Nachwort von Irmtraud Schaarschmidt-Richter

 

 

 

Sein Hauptaugenmerk richtet Nakano Oguna auf die Naturglasur, genauer Aschenanflugglasur, die je nach Sauerstoffsituation braun-schwärzlich oder grün herauskommt. Das zeigt sich besonders gut an den rechteckigen Platten, die er »Ziegel« oder »Bodenfliesen« nennt.

Gerade diese Platten zeugen durch die ganz natürlich geflossene Glasur von einer außerordentlichen Lebendigkeit. Sie wirken fast wie ein Ausschnitt aus einem informellen Gemälde. Damit mögen sie ein gutes Beispiel sein für das Zusammenspiel von klassischer Tradition und moderner Empfindung.

Sein leicht ansteigender Ofen alten Stils ist 12 m lang und im Querschnitt an der breitesten Stelle nicht mehr als 1,30 m breit. Nakano brennt mit Holzarten, die schon seit Jahrhunderten dafür verwendet werden und starke Hitze und Energie entfalten, besonders gilt das für die Rotkiefer. Durchschnittlich brennt er mit 1100 bis 1800 Grad. Während des gesamten Brennvorgangs benutzt er kein Thermometer, sondern »hört dem Feuer genau zu«, wie er auch keine der modernen technischen Hilfsmittel verwendet. In der Regel dauert sein Brand 70 bis 90 Stunden. Die beim Brand entstehende Asche legt sich ganz natürlich auf das keramische Objekt.

Mit dieser Naturglasur kann man außerordentlich viele Nuancen erreichen – oder sollte man besser sagen erhalten –, denn dabei ist vieles vom Zufall abhängig, den Nakano durchaus akzeptiert. So kann sich das Grün, dem ja seine große Vorliebe gilt, auf einer solchen Platte in vielerlei Nuancen und Farbvariationen zeigen: ein Jade-Grün, ein Kristallgrün, auch ein milchig-wolkiges Blaugrün kommen vor. Aber der Zufall manifestiert sich nicht nur im nicht, oder nur selten, steuerbaren Verlaufen der Glasur.

Auch dem Tonkörper eines Gefäßes kann es während des Brandes passieren, daß er reißt, daß sich Risse bilden wie Wunden von Schwerthieben, wodurch die Stücke aber nicht selten eine neue, eine eigene ästhetische Dimension gewinnen. Wenn auch in anderen japanischen Kunstformen möglich, spielt sich dies doch vor allem im Bereich der Keramik ab und zwar seit alter Zeit. Das berühmteste Beispiel ist wohl das Iga-Wassergefäß Mizusashi (16. Jahrhundert). †ber der Laibung sitzt ein schwerer, zylindrischer Hals, der während des Brandes heruntersackte und die Laibung aufriß. Das gleicht jetzt einer Wunde oder einem gespaltenen Felsen. Dadurch ist das Gefäß mehr geworden als ein Gebrauchsgegenstand, fast eine Skulptur.

Das schönste Beispiel für akzeptierten Zufall ist wohl die rötliche Teeschale von Honami Koetsu (1558Ð1637) die, wie von einem Blitz durchfahren, aufriß. Die entstandenen Risse füllte man mit Gold auf, sie so reparierend. Aber das macht nicht den Eindruck einer Reparatur, es wirkt eher wie ein gewollter Dekor, so eine eigene Atmosphäre vermittelnd. Nakanos Akzeptanz des Zufalls zeigt sich ganz konkret an einem im Ofen völlig zerbrochenen Krug. Die runde …ffnung blieb erhalten, sackte aber nach unten und der Gefäßkörper brach ein. Es entstand nichts anderes als ein »geplatztes Gefäß«, aber gleichzeitig erscheint es als ein höchst interessantes Objekt modernen Zuschnitts. Es hat etwas Vegetabiles, wie Baumrinde vielleicht, oder sollte man besser sagen etwas von aufgebrochener, trockener Erdkruste.

(aus dem Nachwort)

 

Zum Künstler:

NAKANO Oguna wurde 1946 in Niigata geboren.

1969 Graduierung an der juristischen Fakultät der Nihon-Universität Tokyo

1991 Wiedererrichtung eines in Mito, Ibaraki-Präfektur entdeckten alten Ofens aus dem 6. Jahrhundert, der unter Blättern verborgen gewesen war, auf seinem Werkstattgelände in Johoku-machi. Allmählicher Beginn der Erforschung der Naturglasur im Selbststudium, das er bis heute fortsetzt.

1994 Wandgestaltung in der Zentrale der Joyo-Bank

1997 Wandgestaltung, gemeinsam mit anderen, in der Gesundheitszentrale der Ibaraki-Präfektur.

Seit 1993 zahlreiche Einzel- und Gruppenausstellungen

 

 


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